Wie steht es um den ÖPNV in Rheinland-Pfalz?

| Kategorie: Kategorie: Interview | 3 Minute(n) Lesezeit

Mit Bus oder Bahn bequem von A nach B kommen – der Wunsch vieler Bürgerinnen und Bürger, die entweder auf den ÖPNV angewiesen sind oder das Auto stehen lassen möchten. Doch wie steht es eigentlich um den ÖPNV in Rheinland-Pfalz? Über die Finanzierung, das 49€-Ticket und Vorschläge der CDU-Fraktion, was anders laufen müsste, haben wir mit dem Leiter des Zukunftsfeldes für Klimaschutz und Landwirtschaft und ÖPNV-Experten Gerd Schreiner gesprochen.

1. Herr Schreiner, wie steht es um den ÖPNV mit Bus und Bahn in Rheinland-Pfalz?

„Wissen Sie, wie viele Haltestellen es in RLP gibt? Ca. 10.000. Das klingt viel?! Im ländlichen Raum funktioniert der ÖPNV kaum – der Bus kommt einfach nicht. Aber auch in der Stadt sind Herausforderungen durch beispielsweise Fahrermangel spürbar. Trauriger Beweis für die Situation ist das Mobilitätsbarometer für Deutschland, bei dem RLP auf den hintersten Plätzen liegt.

Ein weiteres Beispiel ist das gut gemeinte, aber schlecht gemachte Nah-Verkehrs-Gesetz der Landesregierung. Der ÖPNV wurde zur Pflichtaufgabe der Kommunen erklärt, aber in den Grenzen der finanziellen Leistungsfähigkeit, also nach Kassenlage der Kommunen.“

2. Ein ÖPNV als Pflichtaufgabe in den Grenzen der finanziellen Leistungsfähigkeit, was heißt das konkret?

„Wenn das Land den Kommunen eine Pflichtaufgabe überträgt, dann muss das Prinzip der Konnexität erfüllen. Sprich wer die Rechnung bestellt, der bezahlt sie auch.

Durch diesen Halbsatz sieht die Landesregierung den Grundsatz aber bis heute nicht als erfüllt an. Ein ÖPNV in den Grenzen der finanziellen Leistungsfähigkeit bedeutet somit ein ÖPNV nach Kassenlage der Landkreise und kreisfreien Städte. Gerade mit Blick auf die letzten Monate, hohe Kraftstoffpreise, massiver Fahrermangel hat zu einem finanziellen Ungleichgewicht bei der ÖPNV Finanzierung geführt. Die Kommunen geraten finanziell mit den bestellten Leistungen in eine Schieflage. Folglich wird dies ohne eine Änderung der Finanzierung beim ÖPNV zu Abbestellungen und somit zu einer Angebotsminderung führen.

Deshalb fordern wir klar und deutlich eine Änderung der ÖPNV-Finanzierung. Das beinhaltet eine Erhöhung der Bundesmittel, sowie endlich originäre Landesmittel. Zudem braucht es einen anderen Umgang mit den ehemaligen Entflechtungsmitteln im Verkehrsfinanzierungsgesetz. RLP stellt hier nur knapp 18 Prozent der verfügbaren Mittel für Infrastrukturprojekte im Bereich des ÖPNV zur Verfügung. Andere Länder bis zu 70%. Ziel muss es sein, dass sich RLP dem Bundesschnitt von 48 Prozent angleicht.“

Gerd Schreiner MdL

3.  Aber wenn es in den ländlichen Regionen kaum einen ÖPNV gibt und es mancherorts sogar zu einem Angebotsrückgang kommen kann, wie soll dann das Deutschlandticket in RLP funktionieren?

„Eben das ist der springende Punkt. Wir begrüßen die Einführung des Deutschlandtickets. Das kann und wird ein wichtiger Schritt zur klimafreundlicheren, emissionsärmeren Form der Mobilität sein.  Bedingung ist aber eben, dass Bus und Bahn auch fahren und eine attraktive Alternative zum Individualverkehr darstellen. Das kann der ÖPNV derzeit aber auch mit dem 49€-Ticket nicht leisten.

Die Finanzierung des Tickets ist bis heute nicht final geklärt. Die 49€ im Monat sind stand jetzt nur ein Einführungspreis. Klare Regelungen ab 2024? Fehlanzeige!

Noch schlimmer: Bis heute ist nicht geklärt, wie die Einnahmen aus dem Ticket verteilt werden sollen. Nach derzeitigen Stand sollen die Einnahmen zunächst beim jeweiligen Verkäufer verbleiben. Das wird in den allermeisten Fällen die deutsche Bahn sein. Am eine jedes Jahres soll dann zwar mit den verschiedenen Nahverkehrsunternehmen abgerechnete werden, aber dann ist es für viele private Busbetreiber zu spät. Bis Jahresende ist ihnen die Liquidität weggebrochen. Als CDU haben wir auch einen engen Kontakt zu den privaten Busunternehmen im Land. Hier gibt es einige, die sogenannte „eigenwirtschaftliche Linien“ bedienen – sprich von den lokalen Ticketverkäufen leben. Dieser lokale Ticketverkauf wird mit dem Deutschlandticket aber wegbrechen. Gleichzeitig haben die Busunternehmen aber enorme Aufwendungen, wenn es um die Kraftstoffe sowie die Löhne und Gehälter geht. Wenn hier keine schnelle Lösung gefunden wird, startet zwar zum 01. Mai das Ticket, aber in ein paar Wochen rollt durchs Land eine Insolvenzwelle bei den Verkehrsunternehmen.“

4. Welche Lösungen schlägt die CDU-Fraktion hier vor?

„Wir haben im vergangenen Plenum einen Gesetzesänderungsantrag eingereicht, der den Halbsatz in den Grenzen der finanziellen Leistungsfähigkeit streicht. Dazu gab es einen umfassenden Begleitantrag mit dem Titel „Heute für morgen – Ein zukunftsfähiger ÖPNV für ein mobiles RLP“. (Nachzulesen unter OPAL LINK einfügen)

Für uns ist klar: Sowohl die Finanzierung für Tickets, wie das Deutschlandticket oder auch das im Koalitionsvertrag versprochenen 365-Euro-Ticket muss klar sein! Wer in RLP den Bus oder die Bahn nehmen möchte, muss wissen, wie viel man dafür bezahlt und muss sich auf ein verfügbares, attraktives Angebot verlassen können.“

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