Wenn jede Sekunde zählt

| Kategorie: Kategorie: Interview | 2 Minute(n) Lesezeit

Stellen Sie sich Folgendes vor: Sie befinden sich in einer medizinischen Notlage und benötigen notärztliche Versorgung. Dass jetzt Schnelligkeit gefragt ist, muss dabei wohl nicht gesagt werden. Doch genau hier steuert Rheinland-Pfalz auf einen Kollaps zu. Denn laut zuständigem Ministerium haben sich zahlreiche Notarztstandorte im ersten Halbjahr 2022 immer wieder von der Versorgung abmelden müssen – zum Teil bis hin zu 40 Prozent der sogenannten Sollvorhaltezeit. Der Grund dafür: ein eklatanter Mangel an Ärzten in Rheinland-Pfalz. Die Rettungsleitstellen schicken während solcher Abmeldezeiten im Notfall Notärzte anderer, weiter entfernter Standorte zum Einsatz.

Der Landtagsabgeordnete der CDU-Fraktion und Mediziner Dr. Christoph Gensch erklärt, was dies für Folgen hat: “Was wir in den ersten Minuten, in der ersten Stunde verlieren, können wir bei vielen Krankheitsbildern auch unter Einsatz aller Mittel im Krankenhaus und auf der Intensivstation nicht zurückholen.“  Mit anderen Worten: Es zählt jede Sekunde!

  1. Herr Dr. Gensch, laut Antwort des Ministeriums auf eine Große Anfrage der CDU-Fraktion haben sich zahlreiche Notarztstandorte im ersten Halbjahr 2022 immer wieder von der Versorgung abmelden müssen – zum Teil bis hin zu 40 Prozent der sogenannten Sollvorhaltezeit. Woran liegt das?

Neben einigen rettungsdienstspezifischen Problematiken, wie zum Beispiel der vergleichsweise niedrigen Vergütung der Notärzte insbesondere im ländlichen Raum und der fehlenden Unterstützung der Krankenhäuser bei der Bereitstellung von Notärzten, liegt es im Wesentlichen an einem mittlerweile bedrohlichen Ärztemangel in Rheinland-Pfalz. Es sind schlicht nicht genug Ärzte vorhanden, um alle Stellen im ambulanten und stationären Bereich und im Rettungsdienst zu besetzen.

Dr. Christoph Gensch MdL
  1. Welche weiteren Erkenntnisse liefern die Antworten des Ministeriums?

Im Wesentlichen liefert die Antwort des Ministerium die Erkenntnis, dass es sich hierbei um ein landesweites Problem handelt und nicht nur um ein Problem einzelner Regionen. Die Abmeldequoten gemessen an der Sollvorhaltezeit im ersten Halbjahr 2022 liegen beispielweise in Kusel bei 25 Prozent, 30 Prozent in Hermeskeil und sogar über 40 Prozent in Remagen. Das sind schon alarmierende Ausfallquoten. Hinsichtlich der Versorgung von Notfallpatienten in Krankenhäusern liefert die Antwort leider kaum relevante Informationen, weil es von Seiten der Landesregierung nach ihren Ausführungen keine entsprechenden statistischen Erhebungen gibt. Die hier dokumentierte Ahnungslosigkeit ist aus meiner Sicht ebenfalls bedenklich.

 

  1. Welche Auswirkung hat diese Situation auf Rheinland-Pfalz und auf die Menschen, die sich in einer medizinischen Notlage befinden?

Sie hat gravierende Auswirkungen. Da nach Abmeldung eines Notarztstandortes umliegende Notärzte mit weiterer Anfahrtsstrecke alarmiert werden müssen, verzögert sich das Eintreffen am Notfallort, mit allen möglichen medizinischen Konsequenzen. Man muss leider feststellen, dass eine flächendeckende, Rund-um-die-Uhr Notarztversorgung  der Bevölkerung in Rheinland-Pfalz durch ein funktionierendes und adäquat personalisiertes Notarztsystem momentan nicht mehr gewährleistet ist.

 

  1. Welche Lösungen schlägt die CDU-Fraktion hier vor?

Wir haben schlichtweg zu wenig Ärzte in Rheinland-Pfalz, das ist das Grundproblem, welches es zu lösen gilt. Wir fordern von der Landesregierung schon lange, die Ausbildungskapazitäten im Bereich Humanmedizin um 200 weitere Studienplätze zu erhöhen und eine weitere medizinische Fakultät in Rheinland-Pfalz zu schaffen. Bisher wurden unsere Forderungen ignoriert. Dabei liegen wir im Ländervergleich auf dem viertletzten Platz, was die Relation Einwohner je Studienplatz angeht. Hier besteht dringender Handlungsbedarf. In der Zwischenzeit muss der Mangel verwaltet werden, höhere Vergütungen und eine bessere Unterstützung der Krankenhäuser bei der Bereitstellung der Notärzte sind hier mögliche Stellschrauben.

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