Wahlrechtsform: Ampel-Vorschlag ist Betrug am Wähler
Die Verkleinerung des Deutschen Bundestages ist unbedingt notwendig. Darüber herrscht Einigkeit zwischen den Parteien. Über den Weg, wie dieses Ziel erreicht werden kann, gibt es jedoch unterschiedliche Vorstellungen. Wir haben Patrick Schnieder MdB nach seiner Meinung gefragt.
„Der Vorschlag, den der Bundestag vermutlich mit der Ampelmehrheit in dieser Woche beschließen wird, sieht vor, dass die Größe des Bundestages auf 630 Abgeordnete festgelegt wird. Direktmandate sollen künftig vom Zweitstimmenergebnis gedeckt sein. Überzählige Mandate entfallen, sodass einzelne Wahlkreise künftig nicht mehr durch einen Abgeordneten im Bundestag vertreten wären. Die Grundmandatsklausel soll ebenfalls gestrichen werden, sodass Parteien, die die Fünf-Prozent-Hürde überspringen, aber mindestens drei Direktmandate erhalten, nicht mehr in den Bundestag einziehen würden.
Es gibt nun Stimmen, die sagen: „Der Zweck heiligt die Mittel. Hauptsache der Bundestag wird kleiner.“ In gewisser Weise ist dies sicherlich zutreffend. Allerdings legt die Ampel mit ihrem Vorschlag in derart eklatanter Weise die Axt an das deutsche Wahlrecht an, dass bei einer Umsetzung kaum noch von einer korrekten Abbildung des Wählerwillens gesprochen werden kann. Zudem gibt es Vorschläge, wie jenen von CDU und CSU, die ebenfalls zu einer deutlichen Verkleinerung des Bundestages führen würden, ohne zugleich mit mehreren Wahlgrundsätzen zu brechen. Der Vorschlag der Union sieht vor, die Anzahl der Wahlkreise von 299 auf 270 zu verringern, die Anzahl der Listenmandate auf 320 und die Anzahl der unausgeglichenen Überhangmandate auf die verfassungsrechtlich zulässige Anzahl zu erhöhen. Die Grundmandatsklausel soll moderat auf fünf Direktmandate angehoben werden. Die Anzahl der Abgeordneten würde sich hierdurch deutlich verringern und vermutlich sogar unterhalb der Zielgröße der Ampel liegen. Dies zeigt zum einen, wie absurd der Vorwurf der Ampel Richtung Union ist, sie würde keine eigenen Vorschläge einbringen und zum anderen, wie überflüssig es ist, dem Ziel der Verkleinerung des Bundestages die Beibehaltung bewährter Wahlgrundsätze unterzuordnen.
Der Vorschlag der Ampel zielt darauf ab, einen Systemwechsel von der personalisierten Verhältniswahl zur reinen Verhältniswahl ohne Direktmandate zu vollführen. Die weiterhin vorgesehene Erststimmte kann darüber nicht hinweg täuschen und dient lediglich als Feigenblatt. Hieraus wird sich bei der nächsten Bundestagswahl die bizarre Situation ergeben, dass ein Wähler einen Kandidaten mit der Erststimme wählt, der zugleich die meisten Stimmen im Wahlkreis auf sich vereint und trotzdem nicht in den Bundestag einzieht. Der Wählerwille wird somit ignoriert und der Wähler um seine Stimme betrogen. Mit meinem Demokratieverständnis ist der Vorschlag der Ampel allein aus diesem Grund nicht vereinbar. Er verstößt gegen nahezu alle Wahlgrundsätze des Grundgesetzes und ist daher verfassungswidrig. Der Zweck heiligt eben nicht immer die Mittel.“