Julia Klöckner: Wie sich unsere Beziehungen nach China verändern müssen
Das Reich der Mitte – seit vielen Jahren ist es Deutschlands Handelspartner Nummer eins. Die Importe und Exporte belaufen sich auf stolze 245 Milliarden Euro. Doch nicht zuletzt seit dem Überfall Russlands auf die Ukraine steigt die Sorge: Macht sich Deutschland zu abhängig von anderen Ländern? Eine aggressive Einkaufspolitik und strategische Investitionen in kritische Infrastrukturen, die Missachtung geistigen Eigentums, staatliche Subventionen in Milliardenhöhe: Immer wieder warnen Experten vor zu viel Einfluss Chinas in Europa. Zuletzt etwa als der chinesische Konzern Cosco sich im Hamburger Hafen einkaufen wollte. Die wirtschaftspolitische Sprecherin der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Julia Klöckner MdB fordert eine Neuausrichtung der Wirtschaftspolitik Deutschlands mit China. Wie diese aussehen soll, erzählt sie uns im Interview.
Frau Klöckner, warum brauchen wir eine neue Beziehung zu China?
China und die EU, speziell Deutschland, verbindet eine enge Wirtschaftspartnerschaft, die für beide Seiten über die vergangenen Jahrzehnte Wohlstand gebracht hat. Wir müssen uns aber immer im Klaren sein: Wir sind nicht nur Partner, sondern auch Wettbewerber und Rivalen mit unterschiedlichen politischen Systemen. Dieser Wettbewerb muss fairer werden und darf nicht zu einseitigen Abhängigkeiten führen. Wir brauchen ein ‚Level Playing Field‘ für Unternehmen, die mit chinesischen Unternehmen konkurrieren – also gleiche und gerechte Spielregeln. Gleichzeitig müssen Rohstoffquellen, Lieferketten und Absatzmärkte diversifiziert werden, um krisenresilienter zu werden.
Chinesische Investoren kaufen seit Jahren kräftig ein in Europa und Deutschland. Geraten wir so in eine immer stärkere Abhängigkeit?
Hier muss „Reziprozität“ gelten. China achtet darauf, dass Schlüsselunternehmen und kritische Infrastrukturen nicht in die Hände ausländischer Investoren fallen. Bei uns in Deutschland und Europa geht China allerdings auf Shopping-Tour und kauft sich gezielt ein. Wenn es um unsere europäische Infrastruktur geht, brauchen wir einen besseren Schutz, etwa mit einer einheitlichen und verschärften Investitionskontrolle, sowie einer gemeinsamen Ausschlussliste, welche Investitionen nicht möglich sind. Sparzwänge und Haushaltskonsolidierungen in Europa dürfen nicht zu einem Ausverkauf kritischer Infrastruktur zum Vorteil Chinas führen. Ein abschreckendes Beispiel dafür ist der Hafen Piräus. Wichtig ist, dass wir zu einem einheitlichen Vorgehen in Europa kommen.
Seit 2013 investiert Staats- und Parteichef Xi Jinping entlang der sogenannten Seidenstraße Milliarden und schafft Handelskorridore über Land, aber auch über See mit Beteiligungen an einer Reihe wichtiger Häfen. Sehen Sie das als Bedrohung für die europäische Wirtschaft?
Eins ist klar: Hier geht es nicht nur um mehr Wettbewerb und Handel, hier geht es auch um geopolitische Ziele. China will an Einfluss gewinnen. Ich bin deshalb davon überzeugt, dass wir einen Unvereinbarkeitsbeschluss brauchen: Man kann nicht gleichzeitig EU-Mitglied und Mitglied in der Seidenstraße oder 14 plus 1-Initiative sein. Nur eine klare Positionierung verleiht Stärke.