Wenn der Wählerwille nicht mehr zählt

| Kategorie: Kategorie: Aus der Partei | 2 Minute(n) Lesezeit
(c) Tobias Koch

736 Sitze hat der aktuelle Bundestag – 138 mehr als gesetzlich vorgeschrieben. Dass das Parlament wieder kleiner werden muss, darüber herrscht weitestgehend Einigkeit. Aber wie soll das erreicht werden? Die Vorstellungen von Ampelregierung und Union gehen dabei auseinander. Wir zeigen beide Pläne auf – und erklären, wie die CDU sicherstellen will, dass die Bürgerstimme vor Ort weiter wirkt.

Denn nach den Plänen der Koalition wäre ein gewonnener Wahlkreis wäre noch längst kein gewonnener Wahlkreis. Sie würden nicht mehr automatisch vom Erstplatzierten gewonnen werden, sondern eine endgültige „Zuteilung“ des Mandats davon abhängig gemacht, ob die Partei, der der Wahlkreisgewinner angehört, auch genug Zweitstimmen erlangt hat. Das kommt einem regelrechten Systemwechsel im Wahlrecht gleich – hin zu einem Verhältniswahlrecht.

Wenn eine Partei in einem Bundesland mehr Direktmandate gewinnt als ihr nach den Zweitstimmen zustehen würde („Überhangmandate“), dann gelten die Wahlkreisbewerber mit den wenigsten Stimmen als nicht gewählt – so der Plan der Ampel.
Das bedeutet: Die Stimme, mit der die Wählerinnen und Wähler in einem Wahlkreis ihren Abgeordneten wählen, fiele einfach unter den Tisch! Doch wie soll den Bürgerinnen und Bürgern vermittelt werden, dass nicht der- oder diejenige in den Bundestag einzieht, den sie gewählt haben?

Das will die CDU/CSU-Bundestagsfraktion mit aller Kraft verhindern und hat deshalb eigene Vorschläge vorgelegt:

  1. Schon in der letzten Wahlperiode ist beschlossen worden, das Bundesgebiet nicht in 299 Wahlkreise, sondern in 280 Wahlkreise aufzuteilen. Die Ampel will wieder 299. Die CDU schlägt vor, die Anzahl der Wahlkreise auf 270 zu reduzieren. Schon das wäre eine Verkleinerung des Bundestages.
  2. Neben den 270 Wahlkreisen möchte die Unionsfraktion 320 Listenmandate als Regelgröße einführen. Das bedeutet, dass zukünftig 50 Listenmandate mehr als Direktmandate im Bundestag ihren Sitz haben. Dadurch reduzieren sich mögliche Ausgleichsmandate und der Bundestag wird kleiner.
  3. CDU und CSU wollen den Spielraum, den das Bundesverfassungsgericht eingeräumt hat, ausschöpfen und bis zu 15 Überhangmandate ohne Ausgleich zulassen. Ein Überhangmandat löst bis zu 16 (!) Ausgleichsmandate aus. Auch diese Öffnung könnte also eine deutliche Verkleinerung des Bundestages auslösen.
  4. Die Überhangmandate einer Partei in einem Bundesland sollen wie bisher mit Listenmandaten der gleichen Partei in anderen Bundesländern verrechnet werden.
  5. Die Zahl der Wahlkreise, die eine Partei als Fraktion gewinnen muss, um unterhalb von 5 Prozent der Zweitstimmen trotzdem in den Bundestag einzuziehen, soll von drei auf fünf angehoben werden. Der Schritt würde im Bundestag nach heutigem Stand 36 Mandate weniger bedeuten.

So läge die Zielgröße des Bundestages nach dem Vorschlag der CDU/CSU-Bundestagsfraktion sogar noch unter der Zielgröße der Koalition. Überhang- und Ausgleichsmandate, die dann noch dazukommen könnten, würden in ihrer Zahl durch diese Vorschläge so klein ausfallen, dass bei vollem Erhalt der Bürgerstimme in den Wahlkreisen der Bundestag deutlich verkleinert und auf eine Regelgröße von 590 Mandate reduziert werden würde.

Beim Vorschlag der Ampel würden alle Parteien zwischen 18 und 20 Prozent ihrer Sitze verlieren. Am meisten müsste die CSU einbüßen, weil sie aktuell davon profitiert, dass drei ihrer Überhangmandate nicht ausgeglichen werden.

Über den Gesetzentwurf der Ampel beraten jetzt die Ausschüsse des Bundestags beraten, bis dann das Parlament in einer zweiten und dritten Lesung endgültig darüber abstimmt. Die CDU/CSU-Fraktion hofft, dass ihre Vorschläge im Sinne der Demokratie nun ernsthaft von den anderen Fraktionen geprüft werden.

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