„Sanktionen gegen Russland treffen Spätaussiedler mit doppelter Staatsbürgerschaft“
Seit Kriegsbeginn am 24. Februar des vergangenen Jahres hat die EU und somit auch Deutschland umfassende Sanktionspakete gegen Russland beschlossen. Doch die Folgen bekommen nicht nur Putin und seine Anhänger zu spüren. „Die verhängten Sanktionen treffen auch die Menschen, die bei einer Aussiedlung die russische Staatsbürgerschaft nicht unmittelbar abgegeben haben“, so der Dialogbeauftragte für Spätaussiedler und Heimatvertriebene der CDU Rheinland-Pfalz Tobias Meyer. Wir haben ihn gefragt, inwiefern die Sanktionen Menschen mit doppelter Staatsbürgerschaft einschränken und welche Lösung er vorschlägt.
1. Herr Meyer, seit Kriegsbeginn vor fast einem Jahr hat die EU umfangreiche Sanktionen gegen Russland verhängt. Inwiefern treffen diese Sanktionen auch aus den Ländern der ehemaligen UdSSR stammende Spätaussiedler mit doppelter Staatsbürgerschaft?
„Die von der EU seinerzeit beschlossenen Sanktionen entfalten sich ja nicht ausschließlich auf die politisch Verantwortlichen in der russischen Föderation, sondern betreffen alle russischen Staatsbürger. Dabei ist unerheblich, ob diese ergänzend eine EU-Staatsbürgerschaft besitzen. Im Bereich dieser Bevölkerungsgruppe gibt es eine recht große Zahl von Spätaussiedlern, die seinerzeit aus persönlichen, familiären Gründen und auch aus Gründen des vereinfachten Reiseverkehrs die russische Staatsbürgerschaft nicht aufgegeben haben.“
2. Warum ist es nicht ohne weiteres möglich, sich von der russischen Staatsbürgerschaft zu lösen?
„Während direkt bei der Übersiedlung aus den Gebieten der Sowjetunion eine Aufgabe der russischen Staatsbürgerschaft verhältnismäßig einfach möglich war, sind im Laufe der Zeit eine Vielzahl von Hürden für die Aufgabe der russischen Staatsbürgerschaft errichtet worden: beispielsweise muss ein Nachweis erbracht werden, dass man in Russland keinerlei Schulden hat. Diesen Nachweis zu erbringen ist angesichts der in Russland vorherrschenden Strukturen nahezu unmöglich.“
3. Inwiefern wird das Leben von Russlanddeutschen mit doppelter Staatsbürgerschaft durch die Sanktionen eingeschränkt?
„Besonders betroffen ist die Gruppe nun bei der Vergabe öffentlicher Aufträge nach europäischem Vergaberecht und sei es auch nur ein kleiner Einzelauftrag. Auch Spareinlagen dieser Menschen mit doppelter Staatsbürgerschaft sind sanktioniert, was Auswirkungen auf mittelständische Unternehmen hat und haben kann.“
4. Haben Sie einen Lösungsvorschlag?
„Es handelt sich hierbei um geltendes europäisches Recht. Derzeit kann man nur auf die Umstände aufmerksam machen und hoffen, dass an diesen Fragestellungen in Brüssel und Straßburg gearbeitet wird. Im Einzelfall sollten unbürokratische Ausnahmeregelungen gefunden werden. Wichtig ist das Signal an die Betroffenen, dass das Problem bekannt ist und auch „hinter den Kulissen“ an Lösungen gearbeitet wird.“