„Die Studenten wohnen in Bruchbuden“

| Kategorie: Kategorie: Aus der Partei | 5 Minute(n) Lesezeit

Endlich. – Endlich können die Studenten auch in Rheinland-Pfalz wieder in Präsenz an den Uni-Veranstaltungen teilnehmen. Die Wohnsituation indes bleibt für die jungen Menschen mehr als schwierig. Viele müssten in „Bruchbuden wohnen“, berichtet Maximilian Kosing, stellvertretender Vorsitzender des Rings Christlich-Demokratischer Studenten Rheinland-Pfalz (RCDS). Wir haben mit ihm über den mangelnden Wohnraum und die Situation der Uni Koblenz gesprochen – und darüber, wie Rheinland-Pfalz wieder attraktiver für Studentinnen und Studenten werden kann.

Corona hat bei vielen seine Spuren hinterlassen. Wie haben die Studenten die beiden Pandemie-Jahre wahrgenommen?

Die Studenten haben wahrgenommen, dass sie nicht wahrgenommen wurden. Das ist unsere Lehre aus der Pandemie. Die Interessen und Bedürfnisse von Studenten wurden fast nie berücksichtigt. Studenten sind meist junge Erwachsene, keine Schüler oder Kinder. Daher werden sie nicht, anders als z.B. Grundschüler, als vulnerable Gruppe wahrgenommen. Das Wort „Studenten“ hat man in den Beschlüssen der Ministerpräsidentenkonferenzen verzweifelt gesucht. Öffnungsperspektiven für Studenten an den Unis gab es keine, stattdessen hat man alles bis auf die kleinste Ebene runterdelegiert, so dass am Ende der Dozent entscheiden musste, ob nun Präsenzlehre stattfindet oder nicht. Und wie sich entschieden wurde, wissen wir alle: Die Unis blieben zu und das bis zum Sommersemester 2022. Die psychische Belastung für Studenten war und ist enorm – die Hälfte aller Studenten hatten einer Studie zur Folge Angst davor, dass sich ihr Studium verzögert. Und fast die Hälfte hat angegeben, dass sie Angst vor Einsamkeit haben. Diese enorme Belastung hat viele Studenten vor große Herausforderungen gestellt.

Und jetzt der Krieg in der Ukraine…

Unsere Generation kennt keinen Krieg, auf einmal findet er wieder in Europa statt. Auch wenn er keine direkte Bedrohung für uns in Deutschland bedeutet, ist die Angst davor real. Man sollte auch nicht unerwähnt lassen, dass Studenten in den Entlastungspaketen der Bundesregierung wieder kaum Berücksichtigung finden. Studenten ohne BAföG-Anspruch bekommen nichts. Auch das ist wieder bezeichnend für die Wahrnehmung von Studenten in der Gesellschaft und der Politik.

Seit zwei Jahren studieren wir online – die Universität haben in der Zeit nur die wenigsten von innen gesehen

Wie wichtig ist es für die Studenten, dass wieder in Präsenz gelehrt wird?

Seit zwei Jahren studieren wir online – die Universität haben in der Zeit nur die wenigsten von innen gesehen. Teilweise sind Kommilitonen sogar von ihren Studienorten weggezogen und entweder wieder zurück zu ihren Familien oder haben sich anderswo eine Wohnung gesucht. Der Wunsch, nun endlich wieder an den Campus zu gehen, ist mehr als groß und wir freuen uns alle sehr, wieder in der Mensa zu essen, der Bibliothek zu lernen und im Hörsaal den Vorlesungen zuzuhören. Es ist eine echte Erleichterung und es wird das Lebensgefühl vieler junger Menschen verbessern.

Der RCDS hat sich das Thema bezahlbarer Wohnraum auf die Fahne geschrieben.

Wohnen ist wohl das wichtigste Thema für die Studenten. Man muss sich vorstellen, dass Studenten teilweise mehrere Semester lang auf einen Platz im Wohnheim warten oder eine passende Wohnung suchen – häufig ist es so, dass Studenten in Bruchbuden wohnen, weil sie keine Alternative haben, die bezahlbar ist. In Rheinland-Pfalz ist die Wohnsituation für Studenten teilweise sehr prekär – in Mainz beispielsweise liegt der Mietspiegel bei 14,49 Euro pro qm. Seit 2011 ist dieser um 5 Euro gestiegen. Studenten, die 2015 ihr Studium begonnen haben, haben 2015 noch 350 Euro pro Monat gezahlt. 2021 waren es dann schon 479 Euro für 30 qm. Der durchschnittliche Bafög-Satz lag 2021 nur bei 574 Euro – was das für die Studenten und adäquaten Wohnraum bedeutet, kann sich jeder selbst denken.

Was sind hier ihre Forderungen?

Wir fordern daher klare Maßnahmen, um die Wohnsituation zu verbessern. Das Baurecht soll dereguliert werden, um neuen Wohnraum möglichst schnell und günstig errichten zu können. Bund und Länder sollen sich am Wohnheimbau stark engagieren, ein Bundesprogramm soll bei der Bereitstellung von studentischem Wohnraum etabliert werden. Wichtig ist die schnelle und kostengünstige Bereitstellung von Wohnraum. Das bedeutet, dass nicht relevante Prozesse wie Kunst am Bau vermieden werden und der Wohnheimbau wirklich auf die relevanten Aspekte beschränkt wird. Treiber für den studentischen Wohnungsbau sind die Studentenwerke. Die Bundesregierung muss diese finanziell besser durch Mittel des sozialen Wohnungsbaus unterstützen und der Zukunftspakt muss um eine entsprechende weitere Förderlinie für studentische Infrastruktur ergänzt werden.

Dass die Landesregierung hier so stark schläft, ist kaum zu glauben

Bei der Umstrukturierung der Uni Koblenz-Landau bleiben offenbar die Studenten auf der Strecke. Wird hier Politik an den Bedürfnissen der Studenten vorbei betrieben?

Als wir mit MdB Josef Oster Anfang April an der Universität Koblenz waren und uns mit den studentischen Vertretern ausgetauscht haben, wurde deutlich, dass die Studenten nicht genug in den Prozess einbezogen werden. Die Hochschulen geben sich Mühe, die Studenten regelmäßig zu informieren, doch die Studenten selbst haben keine wirkliche Möglichkeit mitzugestalten. Die Probleme an der Uni Koblenz gehen aber auch weit darüber hinaus und das zeigt, wie die Landesregierung hier in den letzten Jahrzehnten geschlafen hat. Ein Umstrukturierungsprozess, wie er jetzt geplant ist, wird daran nur wenig ändern. Es sind weiterhin viel zu viele Studenten auf viel zu wenig Raum, es gibt keine Lehrkräfte, um die Studenten angemessen zu betreuen und die Wohnsituation gehört in Koblenz zu den wohl schlimmsten in ganz Rheinland-Pfalz. Dass die Landesregierung hier so stark schläft, ist kaum zu glauben. Wir können hier als RCDS nur an die Regierung appellieren, wirklich mit den Studenten zu sprechen und die Bedürfnisse der Studenten ernst zu nehmen. Als RCDS haben wir dem AStA in Koblenz zugesichert, als Ansprechpartner zur Verfügung zu stehen und wir wollen auch den Kontakt zu unserer CDU-Landtagsfraktion nutzen, um Druck auf die Landesregierung auszuüben.

Immer mehr Studenten wandern aus Rheinland-Pfalz ab. Was muss getan werden, damit der Standort Rheinland-Pfalz wieder attraktiver wird?

Die Probleme sind vielfältig. Nicht nur die angesprochene Wohnungsnot in Rheinland-Pfalz ist für viele Abschreckung, auch der schlechte Ruf von Rheinland-Pfalz insgesamt sorgt dafür, dass sich junge Studenten oder Abiturienten lieber dazu entscheiden, nach Nordrhein-Westfalen, Hessen oder Baden-Württemberg zu gehen. Wir haben eine katastrophale Mobilität, denn wir können nicht einfach von Trier nach Mainz fahren. Dafür müssen wir extra Tickets kaufen, während Du in NRW ein Studententicket hast, das es Dir erlaubt, in ganz NRW mit dem ÖPNV zu fahren. Unsere Universitäten stehen auch nicht für herausragende Lehre. Es fehlen Exzellenzuniversitäten wie die Unis in Bonn und Heidelberg oder das Karlsruher Institut für Technologie. Auch klare Vorteile unserer Standorte, wie beispielsweise in Trier mit der Universität der Großregion werden nicht ausreichend genutzt. Und auch Mainz mit dem sehr guten Anschluss nach Hessen wird nicht wahrgenommen. Wir müssen viel Überzeugungsarbeit leisten, damit Rheinland-Pfalz nicht noch mehr an Attraktivität verliert. Wichtig wäre es zum Beispiel, die Mobilität zu verbessern. Aber nicht auf Kosten der Studenten, sondern durch eine ausreichende Förderung durch das Land.

Maximilian Kosing. Foto: RCDS

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