Ukraine-Krieg: „Wir sind aus einem Traum vermeintlicher Gewissheiten aufgewacht“
Krieg in der Ukraine, Millionen Menschen auf der Flucht vor Putins Angriff, Angst vor nuklearen Katastrophen und Sorge vor Problemen bei der Energieversorgung – vor einer Woche sind wir aus einem Traum vermeintlicher Gewissheiten aufgewacht. Der CDU-Bundesvorstand hat daher diese Themen in den Mittelpunkt seiner Klausurtagung im saarländischen St. Ingbert gestellt. Denn, so heißt es in der einstimmig beschlossenen „Saarländischen Erklärung“: „Wir werden alles tun, damit unser Land durch eine besonnene, entschlossene und vorausschauende Politik eine gute, sichere Zukunft hat. Die CDU Deutschlands wird auch in der Opposition ihren Beitrag dazu leisten.“
Schnelle Hilfe für Flüchtlinge
Nach dem Überfall auf die Ukraine sind unzählige Menschen auf der Flucht. „Wir fordern die EU-Mitgliedstaaten auf, die Vorschläge der Europäischen Kommission für eine gemeinsame europäische Regelung zügig umzusetzen. Jetzt in der Not gilt: „Deutschland hilft den Ukrainern in ihrer Not unbürokratisch und schnell.“ Nun müsse ein zentraler Krisenstab des Bundes eingerichtet werden, um eine gerechte Verteilung der Flüchtlinge bundesweit und in Europa sicherzustellen. Bereits gestern hatte CDU-Generalsekretär Mario Czaja betont, dass die Geflüchteten – vor allem Frauen und Kinder – medizinische, psychologische und schulische Versorgung benötigen. Die Union unterstütze die Bundesregierung: „Aber wir sagen auch ganz klar: es ist jetzt ihre Aufgabe, diese zentrale Steuerungsfunktion in die Hand zu nehmen.“ Wichtig sei, „dass wir nicht alte Fehler bei der Unterbringung wiederholen“. Nötig seien „große Einrichtungen und große Unterkünfte, bei denen auch die Unterbringung möglich ist. Damit wir nicht wieder zurückkehren zur Unterbringung in Turnhallen oder in Schulen.“ Der saarländische Ministerpräsident Tobias Hans betonte. „Wir zeigen Haltung und unterstützen die Bundesregierung.“ Parteipolitik sollte in dieser Situation keine Rolle spielen.
Klare Verurteilung von Anfeindungen
In einem offenen Brief hat CDU-Chef Merz am Freitag zudem an Deutsche aus Russland und russische Staatsbürger in Deutschland gewandt. Die CDU steht auch an der Seite russischsprachiger Menschen in Deutschland und wird den Austausch, insbesondere auf kultureller und persönlicher Ebene, weiter fortsetzen. Den offenen Brief finden Sie hier.
Neuausrichtung der Außen- und Sicherheitspolitik
Einige der vermeintlichen Gewissheiten der vergangenen drei Jahrzehnte haben ihre Gültigkeit verloren. Um Freiheit, Sicherheit und Versorgung dauerhaft zu sichern, brauche es einen Realitätscheck. In der Erklärung heißt es: „Wir brauchen eine grundlegende Neuausrichtung unserer Außen-, Sicherheits- und Verteidigungspolitik. Deshalb fordern wir, dass die im Koalitionsvertrag niedergelegte umfassende Nationale Sicherheitsstrategie zügig vorgelegt wird.“
Die angekündigten Investitionen in die Bundeswehr in Höhe von 100 Milliarden Euro begrüßte Merz ausdrücklich – gleichzeitig machte er klar: „Es gibt keinen Spielraum für andere Ideen und Pläne. Wenn wir diesen nationalen Kraftakt machen, müssen die Mittel auch vollständig in Ausrüstung, Ausbildung und Struktur der Bundeswehr gesteckt werden.“ Für die CDU ist klar: Soldatinnen und Soldaten, die mit Leib und Leben für Freiheit und Sicherheit eintreten, haben einen Anspruch darauf, bestmöglich ausgerüstet zu sein.
Energie- und Nahrungsmittelsicherheit gewährleisten
Putins Krieg wirft in diesen Tagen auch ein Schlaglicht auf die Energieversorgung in Deutschland. Noch immer ist Deutschland abhängig von russischen Gas- und Öllieferungen. Es sei wichtig, so Merz, Schritt für Schritt Unabhängigkeit von fossilen Energien zu erreichen. „Wir fordern Regierung auf, alles zu tun, Vorsorge zu treffen, dass Deutschland unabhängiger wird von Energielieferungen aus Russland. Wir müssen davon ausgehen, dass die Lieferungen aus Russland unterbrochen oder ausgesetzt werden. Das würde eine große Kraftanstrengung nötig machen.“ Auch Tobias Hans machte klar. „Wir brauchen eine sichere und stabile Energieversorgung.“ Gleichzeitig sollte die Mittelschicht, Geringverdiener sowie kleine und mittlere Unternehmen durch die Absenkung der Stromsteuer entlastet werden. Denn: „Eine warme Wohnung und Stromnutzung im Alltag dürfen kein Luxus werden“, heißt es in dem Beschluss des Bundesvorstands.
Auch das Thema der Nahrungsmittelversorgung hat die Mitglieder des Bundesvorstands beschäftigt – denn auch hier wirkt sich der Krieg in der Ukraine bereits aus. Friedrich Merz betonte, dass nicht arme Länder unter den Folgen von Verknappung von Saatgut oder Getreide leiden dürfen: Daher fordert die CDU die EU-Kommission auf, die angespannte Situation nicht durch die Verknappung von Flächen oder Produktion zu verschärfen. „Das würde die Nahrungsmittelsituation zusätzlich unter Druck setzen“, so Merz.
Grundsatzprogrammprozess: Abschluss für 2024 geplant
Mit Blick auf den laufenden Programm- und Grundsatzprozess erklärte Merz, dass die Fachkommissionen unter Einbindung aller Präsidiums- und Vorstandsmitglieder ihre Arbeit aufgenommen haben. Ziel ist der Abschluss des Prozesses zum Frühjahr 2024.