„Wir haben viel für die Landwirte und Verbraucher erreicht“

| Kategorie: Kategorie: Interview | 3 Minute(n) Lesezeit

In dieser Woche hat Julia Klöckner die Amtsgeschäfte im Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft übergeben. „Ich gehe in dem Wissen, ein gut bestelltes Feld zu hinterlassen“, sagt die CDU-Bundestagsabgeordnete im Interview.

Frau Klöckner, Sie haben die Amtsgeschäfte des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft übergeben. Wie viel Wehmut schwingt mit?

Politische Ämter sind Ämter auf Zeit – dessen muss und sollte man sich immer bewusst sein. Aber klar, bei einem solchen Abschied schwingt auch Wehmut mit. Gerade den Kontakt, den Austausch und die Ideen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter werde ich vermissen. Es sind absolute Fachleute auf ihren Gebieten. Gleichzeitig gehe ich in dem Wissen, ein gut bestelltes Feld zu hinterlassen. Wir haben viel für die Landwirte und Verbraucher erreicht. Vor allem ist es uns gelungen, die Landwirtschaft wieder in die Mitte der gesellschaftlichen Debatte zu rücken und ein neues Miteinander zwischen Umwelt- und Landwirtschaftsseite zu schaffen.

In Ihre Amtszeit ist auf europäischer Ebene der Brexit und die Neuausrichtung der europäischen Agrarpolitik gefallen. Das hat auch in Deutschland zu Verunsicherung geführt – wie sind Sie dem begegnet?

Trotz des Austritts eines Nettozahlers aus der EU konnten wir das Brüsseler Agrarbudget stabil halten. Das war ein harter, aber wichtiger Kampf und eine entscheidende Grundlage zur Einkommenssicherung der Landwirte. Zudem haben wir das agrarsoziale Sicherungssystem stabilisiert. Das gibt den landwirtschaftlichen Familien Sicherheit – und das bei stabilen Beiträgen. Schließlich ermöglicht unser mit knapp einer Milliarde Euro dotierte Investitions- und Zukunftsprogramm den Landwirten die Anschaffung modernster Technik, um höheren Anforderungen insbesondere im Düngerecht zu erfüllen.

Was waren darüber hinaus die größten Erfolge Ihrer Amtszeit?

Gerade in Sachen Tierwohl sind wir in dieser Legislaturperiode so weit gekommen, wie keine Regierung vor uns. Den Tierschutz habe ich intensiv vorangebracht. Wir sind weltweit die ersten, die aus dem Kükentöten aussteigen. Die betäubungslose Ferkelkastration haben wir verboten. Die Qualzucht von Hunden habe ich eingeschränkt – das sind einige Beispiele. Zudem haben wir einen Systemwechsel in der europäischen Agrarpolitik eingeleitet. Jeder Euro Fördergeld ist zukünftig an mehr Nachhaltigkeit gebunden. Landwirte können so zukünftig mit Umwelt- und Klimaleistungen verlässlich Einkommen erzielen. Kleinere und mittlere Betriebe werden stärker gefördert, es gibt mehr Unterstützung für Junglandwirte. Und im Ernährungsbereich ist die Einführung des Nutri-Score ein echter Meilenstein, der es den Verbraucherinnen und Verbrauchern leichter macht, sich gesund zu ernähren. Gleichzeitig macht die Kennzeichnung auch die Erfolge unserer Nationalen Reduktions- und Innovationsstrategie für Zucker, Fette und Salz in Fertigprodukten sichtbar. Zudem haben wir immer auch pragmatisch und zielgerichtet auf neue Herausforderungen reagiert.

Sie meinen die Situation im Wald?

Auch, ja. Dazu haben wir die Auswirkungen der Dürre- und der Coronakrise bewältigt. Das Dürrejahr 2018 habe ich als ein außergewöhnliches Witterungsereignis von nationalem Ausmaß eingestuft. Das war die Voraussetzung für eine Beteiligung des Bundes an Hilfsprogrammen der Länder. Insgesamt haben wir 340 Millionen Euro für existenzgefährdete Betriebe zur Verfügung gestellt. Zur Bewältigung der Coronakrise wurden mehrere Maßnahmen umgesetzt wie zum Beispiel Fast-Lanes an den Grenzen oder die Einreise von Saisonarbeitskräften unter strengen Regeln. So wurde sichergestellt, dass die Versorgung mit Lebensmitteln in Deutschland jederzeit sichergestellt war. Und den kommunalen und oprivaten Waldbesitzern haben wir mit dem größten ökologischen Waldumbauprogramm der Geschichte unter die Arme gegriffen – 1,5 Milliarden Euro haben wir für die nachhaltige Waldbewirtschaftung bereitgesellt. Ein großer Erfolg: Die zertifizierte Waldfläche ist um 900.000 Hektar dadurch angewachsen.

Ökologie, Ökonomie und die soziale Frage – um diesen Dreiklang geht es

An welcher Stelle hätten Sie gerne mehr erreicht?

Wenn es um Tierwohl geht, reichen Lippenbekenntnisse allein nicht aus: Nehmen Sie die SPD. Die hat die von der Borchert-Kommission geforderten Änderungen des Baugesetzbuchs blockiert, obwohl die für den Bau tierwohlgerechter Ställe unerlässlich sind. Als es konkret wurde, haben sich die Genossen leider in die Büsche geschlagen.

Wir verlangen von unserer Landwirtschaft mehr Tierwohl, mehr Umweltschutz, mehr Klimaschutz – gleichzeitig müssen Landwirte von dem, was sie produzieren, leben können. Wie soll dieser Spagat geschafft werden?

Mit Augenmaß und auf Basis wissenschaftlicher Erkenntnisse, nicht Ideologie. Auf Knopfdruck und gegen die Landwirte wird das nicht gehen. Denn dem Tierwohl oder dem Umwelt- und Klimaschutz ist nicht gedient, wenn unsere Landwirte wegen zu hoher Auflagen, die zu schnell eingefordert werden, aufhören. Dann müssten wir vermehrt Produkte importieren, auf deren Produktionsstandards wir keinen Einfluss haben. Mehr Nachhaltigkeit und Tierwohl erreicht man nicht durch harte Strukturbrüche, sondern durch finanziell unterlegte Strategien und Förderaktivitäten, die unseren landwirtschaftlichen Betrieben langfristig ermöglichen, auskömmlich zu wirtschaften. Ökologie, Ökonomie und die soziale Frage – um diesen Dreiklang geht es.

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