„Herr Gensch, kommt jetzt die Impfpolizei?“
Eine allgemeine Impfpflicht in Deutschland rückt näher. Doch wie soll man diese kontrollieren – kommt nun die Impfpolizei? Dr. Christoph Gensch, gesundheitspolitischer Sprecher der CDU-Landtagsfraktion, schlägt einen Mittelweg vor – eine Impfpflicht für Risikogruppen, um die Intensivstationen zu entlasten. Wir sprachen mit dem Internisten aus Zweibrücken.
Dr. Gensch, wie gefährlich ist die Omikron-Variante aus Südafrika?
Das ist im Augenblick noch schwer zu sagen. Omikron weist Vergleich zum ursprünglichen Virus etwa 30 Mutationen auf. Einige dieser Mutationen sind bekannt, andere noch nicht. Es ist die Kombination dieser Mutationen, die in der Fachwelt zu Besorgnis führt. Denn sie bedeutet möglicherweise eine höhere Infektiosität und könnte Einfluss auf den Impfschutz haben. Aber: Namhafte Virologen glauben nicht, dass die Omikron-Variante den Impfschutz komplett aushebeln wird. Demnach bieten auch die bestehenden Impfstoffe Schutz, etwa vor schweren Krankheitsverläufen.
Wird man Impfstoffe anpassen müssen? Biontech hat sich ja schon auf den Weg gemacht.
Die Antwort auf diese Frage werden wir in zwei Wochen wissen, das ist derzeit noch Spekulation. Sagen wir mal so: Einiges deutet darauf hin, dass eine Anpassung notwendig sein wird.
Die Politik zieht die Zügel an, jetzt kommt der Lockdown für Ungeimpfte, 2G und 2Gplus an vielen Stellen und drastisches Herunterfahren von Großveranstaltungen. Reicht das, um die Welle zu brechen? Oder in anderen Worten: Schaffen wir das ohne allgemeinen Lockdown?
Ich sehe da mehrere Säulen. Erstens die Kontaktbeschränkungen mit einem Lockdown für die Ungeimpften und intensiven Testungen, unter anderem der 2Gplus-Regel. Zweitens das Durchimpfen der Bevölkerung. Und hier gibt es zwei positive Entwicklungen: Die Zahl der Erstimpfungen steigt derzeit und auch das Boostern kommt voran. Wir sind auf einem guten Weg. Stichwort Boostern: Die Israelis haben gezeigt, wenn man 50 Prozent der Bevölkerung boostert, dann kann man die Welle brechen.
Sie loben die Impfzahlen. Hausärzte schimpfen: Die Impfstoffe würden nicht wie gewünscht geliefert und sie müssten Termine absagen.
Bis Jahresende sind 24 Millionen Dosen Biontech ausgeliefert, plus zehn Millionen Nachbestellungen, sowie 26 Millionen Dosen Moderna. Das sind 60 Millionen Impfdosen und das ist viel. Klar, wenn Sie 40 Millionen Menschen boostern wollen und 15 Millionen grundimmunisieren, dann wird das schon eng. Aber die hohe Zahl an Grundimmunisierungen sehe ich noch nicht. Die Kontingentierung von Biontech halte ich jedenfalls für nicht zielführend.
Jetzt kommt wohl die Impfpflicht. Schön und gut. Aber wie soll man diese kontrollieren – kommt jetzt die Impfpolizei?
Die praktische Umsetzung der Impfpflicht ist tatsächlich eine schwierige Geschichte. Mein persönlicher Vorschlag wäre ein Mittelweg: Lasst uns doch eine Impflicht für Risikogruppen einführen, für Leute ab 50 Jahren und chronisch Kranke. Mehr als 80 Prozent der schwer Erkrankten sind aus dieser Gruppe. Wir könnten damit das Gesundheitssystem entlasten.
Hat sich die Ampel beim Infektionsschutzgesetz verrannt, indem sie die nationale Notlage einfach ausgeblendet hat?
Ja, hat sie. Das war in einer Zeit mit den höchsten Werten der gesamten Pandemie das völlig falsche Signal.