„Herr Schnieder, wer profitiert von den Biontech-Millionen?“

| Kategorie: Kategorie: Aus der Partei | 2 Minute(n) Lesezeit
Gordon Schnieder. Foto: Tobias Koch

Alles redet vom Aufsteigerunternehmen Biontech und dem neuen Geldsegen für die öffentlichen Kassen. Doch profitieren auch andere Kommunen neben Mainz und Idar-Oberstein von den Steuermillionen? Darüber sprachen wir mit Gordon Schnieder, dem frisch wiedergewählten Landesvorsitzenden der Kommunalpolitischen Vereinigung (KPV).

Herr Schnieder, erst einmal Glückwunsch zur Wiederwahl als KPV-Landesvorsitzender.

Danke!

Alle reden derzeit über die Biontech-Steuermillionen. Werden auch andere Kommunen als Mainz und Idar-Oberstein vom Geldsegen profitieren, oder haben wir künftig bei den Kommunen Superreiche und Superarme?

Zunächst einmal ist es zu begrüßen, wenn die Steuerkraft wächst, denn das ist grundsätzlich für alle gut. Das System ist so angelegt, dass jede Kommune, egal wie arm sie ist, auf 78,5 Prozent der landesdurchschnittlichen Steuerkraft „gehoben“ wird, über die Schlüsselzuweisung A. Allerdings kommen die „Biontech-Millionen“ erst im IV. Quartal, so dass sich dies landesweit erst im Finanzausgleich 2023 auswirkt. Wenn dann allerdings im kommunalen Finanzausgleich durch die Anhebung der Schlüsselzuweisung A weniger Geld im System vorhanden ist, verlieren die kreisfreien Städte, Landkreise und Verbandsgemeinden wieder Anteile ihrer Schlüsselzuweisung B2. Sicher ist, die reicheren Kommunen zahlen über eine Finanzausgleichsumlage noch einmal in den gemeinsamen Topf ein. Doch die genauen Effekte sind heute noch nicht genau abzusehen.

Rheinland-Pfalz wird durch den Steuersegen offenbar vom Nehmer- zum Geberland – und Finanzministerin Doris Ahnen rechnet sich arm. Ist das nicht ein Vorwand, um eben doch nicht mehr Geld ins System zu geben?

Die Landesregierung sucht seit Jahren nach Vorwänden, um die Kommunen nicht richtig auszustatten. Das zeigen die Urteile des Verfassungsgerichtshofs, das zeigt auch der Umgang mit den Kommunen auf der Suche nach einem neuen kommunalen Finanzausgleich – die lässt man nämlich außen vor.

Was sind Ihre Forderungen?

Wir bleiben dabei – die Altschuldenproblematik muss vom Land gelöst werden. Das Land ist zuständig und muss dann bitteschön die Kohlen aus dem Feuer holen. Auch unsere Forderung – 300 Millionen Euro mehr ins System – bleibt. Die Kommunen müssen auch investieren können. Laut Rechnungshof beläuft sich der Investitionsstau alleine bei kommunalen Straßen und Brücken auf zweieinhalb Milliarden Euro.

Die Landesregierung schlägt sich mal wieder in die Büsche.

Macht Kommunalpolitik überhaupt noch Spaß, wenn etwa immer mehr bei den freiwilligen Leistungen gestrichen wird und die Spielräume kleiner werden?

Kommunalpolitik macht immer Spaß, aber wir bemerken, dass es immer weniger Bereitschaft gibt, in den Räten mitzuarbeiten. Wenn ich an Ortsgemeinden denke, die nur noch abarbeiten, was zwingend notwendig ist, überhaupt keinen Gestaltungsspielraum haben, überlegen, welchen Verein sie überhaupt noch unterstützen können, dann ist kommunale Selbstverwaltung so eingeschränkt, dass wir uns schon Sorgen machen sollten. Deshalb braucht man zwingend eine ordentliche Finanzausstattung.

Kleiner Exkurs: In der Corona-Politik wälzt das Land Risiken auf die Kommunen ab, etwa beim Thema Weihnachmärkte und der Frage, wer haftet. Was sagen Sie dazu?

Das ist seit 30 Jahren der typische Umgang der Landesregierung mit den Kommunen. Die Landesregierung will, dass vor Ort entschieden wird, etwa zu den Weihnachtsmärkten, und das selbst von Gemeinden, die nicht einmal ein eigenes Ordnungsamt haben. Gleichzeitig gibt das Land keine festen Regeln vor. Verantwortung muss man doch ganz oben ansetzen, statt diese nach unten abzuwälzen. Die Landesregierung schlägt sich mal wieder in die Büsche.

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