Flughafen Hahn – Chronologie des Versagens
Der Flughafen Hahn ist in schwerem Fahrwasser. In dieser Woche wurde die Insolvenz beantragt. Die Region blickt mit Sorge in die Zukunft. Wir schildern, wie es dazu kam – und was CDU-Politiker aus der Region dazu sagen.
„I got the airport“ schrieb Kyle Wang auf seiner Facebook-Seite. „Ich habe den Flughafen.“ Nein, hatte er nicht, denn Wang, der gebürtige Vietnamese mit Wohnsitz in China und sein Kompagnon, der Pilot Dr. Chou, konnten das nötige Geld für den Kauf des Flughafens Hahn nicht auftreiben (beide im Foto). Vermittelt hatte den Deal ein Bernsteinhändler. Dass Dr. Chou eine Bankgarantie mit der astronomischen Summe von 200 Milliarden US-Dollar per WhatsApp nach Deutschland geschickt hatte, tat dann auch nichts mehr zur Sache. Das Geld stamme angeblich von dem chinesischen Unternehmer Weng Jianlin. Wie der Rechnungshof in Rheinland-Pfalz anmerkte, müsse dieser das Vermögen von Microsoft-Begründer Bill Gates, US-Milliardär Warren Buffet und Mode-Unternehmer Amancio Ortega (Zara) zusammen haben.
Der Verkauf im Jahr 2016 platzte, die Landesregierung um Malu Dreyer und Roger Lewentz war wieder einmal bis auf die Knochen blamiert. Reporter des SWR gingen der Sache nach. Statt solventer Geschäftspartner fanden sie an der besagten Adresse in Schanghai ein Büro mit Pappkartons und Drogerieartikeln – und an einer anderen Adresse einen Reifenhändler. Erinnerungen an die Nürburgring-Affäre wurden wach, als sich Milliardenversprechen von angeblichen Ölmagnaten und US-Milliardären als Schimären erwiesen.
Kritische Stimmen mahnten von Anfang an, das Konzept sei kaum tragfähig.
2017 dann der zweite Anlauf. Rheinland-Pfalz verkaufte den Flughafen an die chinesischen HNA-Gruppe. Ein undurchsichtiges Gebilde aus Firmenverflechtungen, mit vermutlich mächtigen chinesischen Parteikadern im Hintergrund. Spötter sagten, die Landesregierung habe die Region an die Kommunistische Partei Chinas verkauft – und da war sogar etwas dran. Die Chinesen versprachen das Blaue vom Himmel – oder vielmehr das Rote. Denn die wichtigen Passagen im Businessplan, die von Landesparlamentariern eingesehen werden durften, waren in Rot unkenntlich gemacht. Kritische Stimmen mahnten von Anfang an, das Konzept sei kaum tragfähig. Denn die EU-Kommission hatte der Landespolitik ins Stammbuch geschrieben, schwarze Zahlen am Hahn bis spätestens 2024. Und das angesichts eines strukturellen Defizites von 15 bis 18 Millionen Euro im Jahr.
Tatsächlich lief es bei der Fracht in den Folgejahren gut, während die Ryanair-Aktivitäten nach und nach bröckelten. Intern war beim irischen Billigflieger nach Medienberichten sogar vom kompletten Abzug am Hahn die Rede. Die Chinesen versprachen neues Fluggeschäft. Tatsächlich ließ sich selten jemand aus China am Hahn blicken, und was das Geld betraf, ließ man den Airport am langen Arm verhungern. Dass Anfang des Jahres Berichte aufkamen, die HNA-Gruppe sei pleite, machte die Sache nicht besser. Die rheinland-pfälzische Landesregierung, die noch viele Millionen Euro Steuergelder weiterhin in den Flughafen pumpte, beschwichtigte – und bezog sich dabei auf Aussagen des chinesischen Generalkonsulats. Womöglich gewollt naiv. Mittlerweile sind führende HNA-Manager in Haft.
Weitere Gewitterwolken zogen auf, als die Staatsanwaltschaft Ermittlungen gegen mehrere Beteiligte am Hahn verkündete – es geht offenbar um Steuerdelikte. Vor wenigen Wochen kam das Thema Insolvenz dann zum ersten Mal in Medienberichten auf. Seit dieser Woche ist es bittere Wahrheit – Insolvenzantrag des Flughafens Hahn. Hunderte Arbeitsplätze stehen auf der Kippe. „Betriebe, die Menschen in der Region stehen nun vor einer großen Ungewissheit. Sie sorgen sich um Arbeitsplätze, um ihre Zukunft“, so die regionale Landtagsabgeordnete Karina Wächter. „Als CDU-Landtagsfraktion nehmen wir die Sorgen und Nöte sehr ernst. Wir bekennen uns zum Flughafen Hahn und setzen uns für eine weitere fliegerische Nutzung und gleichzeitige gewerbliche Entwicklung des Hahn-Umfelds ein. Die Region hat große Potentiale und Entwicklungschancen, die genutzt werden müssen. Mehr denn je geht es jetzt um die Stärkung der gesamten Hunsrückregion.“
Christian Klein, CDU-Landratskandidat für den Rhein-Hunsrück-Kreis, äußert sich ähnlich: „Jetzt sollten wir aber nach vorne schauen und die Situation als Chance begreifen, den Flughafen neu und besser aufzustellen, damit er eine fliegerische Zukunft flankiert mit einem Gewerbegebiet bekommt.“
Äußerungen von führenden Vertretern der Landesregierung gab es in dieser Woche nicht. Das kritisiert CDU-Generalsekretär Jan Zimmer. Innenminister Roger Lewentz tauche mal wieder ab, wie schon seinerzeit in der Nürburgringaffäre. „Herr Lewentz tut so, als habe das Land nichts mehr mit dem Airport zu tun – dabei sind weiter Steuergelder an den Hahn geflossen. Wenn sich eines wie ein roter Faden durch die politische Bilanz von Roger Lewentz zieht, dann ist dies Überforderung und Inkompetenz.“