„Schulen sind nicht auf erneutes Homeschooling vorbereitet“

| Kategorie: Kategorie: Interview | 4 Minute(n) Lesezeit

Sechs Wochen Sommerferien neigen sich dem Ende zu. Sind die Schulen in Rheinland-Pfalz für das kommende Schuljahr gerüstet? Dazu haben wir mit Isabell Biersack gesprochen.  Die 18- Jährige kommt aus Trier und kandidiert für das Amt der Landesvorsitzenden der Schülerunion. Zurzeit ist sie Vorsitzende der Schüler Union Trier (damit dann auch kooptiert im CDU Kreisvorstand Trier) und Schatzmeisterin der Jungen Union Trier.

Am 30. August beginnt in Rheinland-Pfalz das neue Schuljahr, sechs Wochen Ferien sind vorbei. Sind die Schulen für das kommende Schuljahr gerüstet?

Ich denke nicht, dass während der sechs Wochen Sommerferien an allen rheinland-pfälzischen Schulen die Digitalisierung so ausgeweitet wurde, dass eine mögliche Umstellung auf Hybridunterricht problemlos oder mit weniger Störungen als im vorherigen Lockdown erfolgen kann. Mir persönlich wird der Anschein vermittelt, dass man nicht davon ausgeht, dass die Schüler im kommenden Schuljahr erneut von einem Wechsel ins Homeschooling betroffen sein werden, weshalb die Digitalisierung einiger Schulen sehr schleppend voran geht. Dadurch ist man nicht auf eine erneute Homeschooling-Phase im Hinblick auf die steigenden Inzidenzen vorbereitet. Nach aktuellem Stand werden in den ersten zwei Schulwochen nur nicht geimpfte Schüler zwei Mal die Woche getestet. Danach werden die Schnelltests je nach Infektionsgeschehen durchgeführt. Hierbei gibt es meines Wissens nach noch keine klare Teststrategie, ab welcher Inzidenz Schnelltests erneut durchgeführt werden müssen. Meiner Meinung nach bringt dieses Konzept zu viele Unsicherheiten mit sich, wodurch die Schulen nicht gut auf das kommende Schuljahr vorbereitet wurden.

Durch die Corona-Pandemie sind die Lernrückstände bei vielen Schülerinnen und Schülern größer geworden. Welche Maßnahmen müssen getroffen werden, um diesem Trend entgegenzuwirken?

Es sollten definitiv Konzepte wie zum Beispiel die „Sommerschule“ weitergeführt werden und nicht nur in den kommenden Herbstferien, sondern auch in den nachfolgenden Ferien angeboten werden, damit entstandene Lernlücken, die möglicherweise erst mitten im Halbjahr auffallen, mit geschultem Lehrpersonal behoben werden können. Unterstützende Nachmittagskurse während des Schulalltags wären sowohl an Grundschulen, als auch an weiterführenden Schulen notwendig. Zudem ist eine systematisierte Lernstandserhebung in den Hauptfächern sinnvoll, da diese Feststellung notwendig für die Fördermaßnahme ist. Ebenfalls sollten Hochschulen sowie Universitäten die besonders erschwerte Lernsituation der Abiturienten berücksichtigen. Fördermaßnahmen an Hochschulen und Universitäten müssten auch ausgeweitet werden, da nicht nur Schüler mit der aktuellen pandemischen Umstellung umgehen mussten, sondern auch Studenten.

Welche Vorkehrungen sollten an den Schulen getroffen werden, um sich auf den Herbst und Winter vorzubereiten?

Definitiv sollten die zweimaligen Schnelltests pro Woche beibehalten werden, um den geregelten Präsenzunterricht zu garantieren. Ebenfalls muss die Verbesserung der digitalen Infrastruktur der Schulen vorangetrieben werden, um auf eine mögliche Homeschooling-Phase vorbereitet zu sein.

Thema Digitalisierung: Sind die rheinland-pfälzischen Schulen digital gut aufgestellt?

Je nach Schulträger sind die einzelnen Einrichtungen unterschiedlich gut digital aufgestellt. Mein Gymnasium befindet sich in kirchlicher (bistümlicher) Trägerschaft und ist meiner Meinung nach innerhalb der Klassen- und Fachräume gut digital aufgestellt. Allerdings trifft das nicht auf alle Schulen, vor allem auf staatliche Schulen, zu. Sogenannte „Smartboards“ und ausreichend PCs oder Computerräume gibt es nicht an jeder Schule. Des Weiteren basiert digitales Schulleben nicht mehr nur noch auf der digitalen Inneneinrichtung der Klassenräume, sondern auch auf der Funktionsfähigkeit von landesweiten Onlineplattformen wie z.B. „Moodle“ oder „Big Blue Button“. Jedoch hat man auch hier leider vermehrt feststellen müssen, dass diese nicht zuverlässig sind und aufgrund dessen nur wenig Raum im Lernalltag finden.

Die Stiko empfiehlt die Corona-Impfung ab 12 Jahren. Sollte auch an Schulen geimpft werden, wie ist Ihre Meinung?

Ja, auf jeden Fall, solange die Erziehungsberechtigten dem schriftlich zustimmen. Durch die Impfung können sich Schüler vor einer schweren CoVid-Infektion sowie eventuellen Langzeitschäden schützen. Je mehr Schüler geimpft sind desto sicherer und risikofreier ist der Schulalltag. Die Impfung in Schulen kann unkompliziert vor oder nach dem Unterricht in Impfmobilen erfolgen, welche bereits zur Zeit vor Einkaufszentren oder großen Plätzen in RLP zu finden sind. Diese Impfmöglichkeit liegt unmittelbar auf dem täglichen Schulweg und ist für Schüler somit sehr gut erreichbar, ohne beim Haus- oder Kinderarzt einen Termin zu vereinbaren. Solange für jeden impfwilligen Schüler einzelne Impfaufklärungsgespräche stattfinden und auch die Impfung nicht in einem großen Raum mit mehreren Mitschülern erfolgt, denke ich kann man dem vor allem bei jüngeren Schülern herrschenden Gruppenzwang entgegenwirken, sodass jeder Schüler gemeinsam mit den Eltern individuell entscheiden kann.

Sollte für die Corona-Impfung mehr geworben werden?

In Schulen sollte aktiv auf das Impfangebot hingewiesen werden. Allgemein bin ich aber der Meinung, dass für die Impfung eine große Werbekampagne vom Bund aufgezogen wurde und eigentlich mittlerweile jeder Bürger wissen müsste, dass eine Impfung teilweise ohne terminliche Vereinbarung möglich ist. Ich habe trotz meines bereits bestehenden Impfschutzes von der Stadt Trier einen schriftlichen Brief bezüglich der Impftermine in Impfbussen erhalten. Dadurch wird meines Erachtens nach auf mehreren Wegen ausreichend viel für die Corona-Impfung geworben. Sowohl digital als auch per Post. Polarisierende ungeprüfte Informationen über mögliche Nebenwirkungen auf sozialen Netzwerken sollten schneller korrigiert und aufgeklärt werden, da vor allem junge Menschen ihre Informationen aus dem Internet beziehen und sich nicht vielfältig mit mehreren verifizierten Quellen beschäftigen.

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