An die Kinder hat mal wieder niemand gedacht

| Kategorie: Kategorie: Aus der Partei | 3 Minute(n) Lesezeit

Werden Kita-Betreiber Erzieherinnen und Erzieher entlassen müssen? In Rheinland-Pfalz ist das neue Kita-Gesetz in Kraft getreten. Der Ärger vor Ort ist groß. Wir sprachen darüber mit Elke Schanzenbächer. Die Sozialpädagogin hat viele Jahre lang Gruppen und Kitas geleitet und ist als Erste Beigeordnete der VG Freinsheim (Landkreis Bad Dürkheim) für die Bereiche Kitas und Schulen zuständig.

Frau Schanzenbächer, das neue Kita-Gesetz ist in Kraft getreten. Wie erleben Sie die Situation vor Ort?

Viele offene Fragen sind bei Trägern, Erziehern und Eltern leider geblieben. Die Kitas stehen unter hohem Erwartungsdruck. Das Gesetz sieht einen Rechtsanspruch auf eine durchgehende siebenstündige Betreuung mit möglichst einem warmen Mittagessen vor. Doch die Realität hinkt hinter den Vorstellungen der Landesregierung her. Eine ganze Reihe von Kitas hat noch keine Küchen, muss anbauen oder umbauen. De facto können die Vorgaben nicht zu 100 Prozent erfüllt werden. Bei ‚meinen‘ Kitas, in denen ich als Beigeordnete zuständig bin, kann der Rechtsanspruch zwar umgesetzt werden. Wir können aber nicht in allen Einrichtungen für jedes Kind ein Mittagessen anbieten, sondern zum Teil zunächst lediglich mit Lunchpaketen arbeiten

Nun ja – jetzt wird das Bildungsministerium sagen: Das sind Anlaufschwierigkeiten, das ist ganz normal…

Da wage ich die Vorhersage: Diese „Anlaufschwierigkeiten“ werden auch  in den nächsten Monaten nicht gelöst sein. Etwa, wenn es um den Umbau von Kitas geht.

Stimmt es, dass einige Kitas Personal entlassen müssen?

Es gibt Kitas, die aufgrund der längeren Betreuungszeit über Mittag Personalaufbau verzeichnen können. Einige Kitas sind jedoch auch von Kürzungen betroffen, wie mir Kollegen und Kolleginnen berichten. Auch dort, wo sich die Beteiligten nicht einig geworden sind, hatte das durchaus Auswirkungen aufs Personal. Zum Beispiel konnte kein Abschluss bei der Rahmenvereinbarung zum Anteil der (freien)Träger an der Finanzierung erzielt werden. So wurden z.B. Verträge mit Mitarbeitern teils nicht verlängert bzw. nicht definitiv im neuen Umfang abgeschlossen.

Mit welcher Konsequenz?

Erzieherinnen und Erzieher haben sich deshalb zunächst wegbeworben, weil sie nicht wissen, ob Ihr Vertrag verlängert oder abgeschlossen werden wird. Hier gibt es für die Beteiligten vielfach keine Klarheit – und das Personenkarussell dreht sich. Das ist natürlich für alle Akteure – vor allem aber für die Kinder – nicht förderlich. Kita-Arbeit ist Beziehungsarbeit und benötigt Kontinuität. So kommt – zum generellen Fachkräftemangel – noch  eine sehr starke Unsicherheit ins  System.

Was kritisieren Sie noch?

Die Idee des Gesetzes ist es auch, dass sich die Beteiligten in vielen grundlegenden Angelegenheiten möglichst einigen. Man nennt das „Diskursprinzip“. Das ist im Grund eine gute Sache. Wenn allerdings Rahmenbedingungen fehlen, dann geht dies nur schwer, weil damit ein hoher Zeitaufwand einhergeht. Es wird verstärkt Bürokratie geschaffen. Viele Ehrenamtliche schaffen das das einfach nicht mehr. Auch von der Fachkräftevereinbarung hätte ich mir mehr erhofft. Nicht den Ersatz von 30 Prozent Fachkräften, sondern andere Professionen ergänzend und zusätzlich in Kooperation zum Fachpersonal.

Was ist mit den Kindern?

Wichtiger Punkt. Ich habe den Eindruck, dass es vor allem um die „Erwachsenen“ geht. Wo bleibt der Fokus auf die Kinder? Wir als CDU wollen mehr Qualität  in der Bildung, Betreuung und Erziehung der Jungen und Mädchen, das muss unser Maßstab bleiben. Bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist wichtig. Dazu muss aber auch die Welt ‚da draußen‘ familienfreundlicher werden. Wenn ich ein Fazit ziehen darf: Die Kommunen und die Träger der Einrichtungen brauchen das Geld, die Familien und Kitas brauchen die Zeit und unsere Gesellschaft braucht die familienfreundliche Haltung.

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