Das größte Parlament der Welt

| Kategorie: Kategorie: Allgemein | 2 Minute(n) Lesezeit
Patrick Schnieder. Foto: Tobias Koch

Schon die Form, die SPD, Grüne und FDP für die Kommunikation gewählt hatten, war unkonventionell. Vorsichtig ausgedrückt. In der FAZ schlugen drei Ampelpolitiker vor, wie der Bundestag verkleinert werden könnte: Indem man einfach die Überhangs- und Ausgleichsmandate abschafft. Somit käme man von jetzt 736 Sitzen auf die gesetzlich vorgesehene Größe von 598 Sitzen. Klingt einfach, würde aber in der Praxis zu absurden Ergebnissen führen.

Denn über die Verteilung der Mandate würde nach dem Ampel-Vorschlag nur noch die Zweitstimme entscheiden. Gewinnt eine Partei mit der Erststimme, also den Direktkandidaten, mehr Mandate, als ihr laut Zweistimme zustehen, könnten Wahlkreise mit schwächeren Ergebnissen sozusagen „wegfliegen“. Ein Bundestagskandidat, der die meisten Stimmen in seinem Wahlkreis geholt hat, hätte dann nicht gesiegt.

Entsprechend fällt auch der Kommentar des rheinland-pfälzischen Abgeordneten und parlamentarischen Geschäftsführers der Unionsfraktion im Bundestag, Patrick Schnieder, aus. „Der Vorschlag der Ampel zielt einzig darauf ab, die Erststimme bzw. das Direktmandat zu schwächen“, sagt Schnieder. „Die Regelung könnte dazu führen, dass nicht mehr der Kandidat mit den meisten Stimmen, sondern der Zweit- oder gar Drittplatzierte in den Bundestag einzieht. Der Wahlverlierer würde also zum Gewinner erklärt. Damit ignoriert die Ampel die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts von 2012, wonach ein Wegfall des Direktmandats für einen Wahlkreissieger nicht möglich ist.“

„Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit“

Deutschland hat – wenn man mal vom chinesischen Volkskongress absieht – das größte Parlament der Welt. Dies liegt am System der Überhangmandate, die entstehen, wenn eine Partei bei der Bundestagswahl mehr Direktkandidaten „durchbekommt“ als ihr nach dem Zweitstimmenergebnis zustehen. Damit andere Parteien dadurch keinen Nachteil bekommen und die Sitzverteilung nach dem Verhältnis der Zweitstimmen weiter gewährleistet ist, wurden das Prinzip des Ausgleichsmandats geschaffen. Die anderen Parteien erhalten zusätzliche Sitze im Parlament. Dadurch bläht sich der Bundestag immer mehr auf. Schon mancher Bundespolitiker hatte sich in der Vergangenheit die Zähne an einer Wahlrechtsreform ausgebissen, unter anderem der damalige Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble.

Konsens besteht darüber: der Bundestag muss kleiner werden. Patrick Schnieder: „Alle Fraktionen streben an, den Bundestag deutlich zu verkleinern. Der Vorschlag aus den Reihen der Ampel ist jedoch reichlich unausgegoren. Zahlreiche Verfassungsrechtler haben Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit. Nach meiner Auffassung verstößt die vorgeschlagene Wahlrechtsreform in eklatanter Weise gegen Wahlrechtsgrundsätze und bricht mit dem Demokratieprinzip. Die Unmittelbarkeit und Gleichheit der Wahl wären nicht mehr gegeben. Eine Umsetzung würde die Akzeptanz und Legitimität der Wahl gefährden.“

Zeitnah eigener Vorschlag der Union

Wie Schnieder sagt, werde die Union zeitnah einen eigenen Vorschlag zu einer Wahlrechtsreform unterbreiten. „Diese muss zwingend zu einer deutlichen Verkleinerung des Parlaments führen und einfach und verständlich sein.“

CDU-Chef Friedrich Merz sagte der „Welt am Sonntag“, man diskutierte derzeit noch unterschiedliche Modelle. „Ein Vorschlag könnte ein echtes Zwei-Stimmen-Wahlrecht sein“, so Merz dem Blatt zufolge. Den Ampel-Vorschlag lehnt er ab – er könne sich auch nicht vorstellen, dass ein solches Verfahren die Wählerinnen und Wähler überzeuge.

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