Fraktion: Ahrtal soll zu Modellregion werden
Es war eines der bestimmenden Ereignisse des vergangenen Jahres in Rheinland-Pfalz – die schreckliche Flutkatastrophe im Ahrtal. Die CDU-Landtagsfraktion hat ihre traditionelle Klausurtagung zu Beginn des Jahres nun deshalb dazu genutzt, sich im Katastrophengebiet einen persönlichen Eindruck von der aktuellen Situation zu verschaffen. Zugleich tagte jüngst auch wieder der Untersuchungsausschuss des Landtages. Mit dabei unter anderem: Wetterexperte Jörg Kachelmann als Sachverständiger. Über seine Einschätzung der Lage – und welche konkreten Forderungen die CDU-Fraktion jetzt an das Land hat, lesen Sie hier in unserem Blog.
„Es ist eine gewaltige Aufgabe des Wiederaufbaus, die hier geschultert werden muss“, machte Fraktionschef Christian Baldauf noch einmal deutlich. Er betonte, die CDU stehe dauerhaft an der Seite der Menschen im Ahrtal. „Politik hat die Aufgabe, kein Vakuum entstehen zu lassen, sondern die Menschen dauerhaft beim Wiederaufbau zu unterstützen – auch, wenn das mediale Interesse irgendwann nachlässt“, so Baldauf. „Das ist unsere Aufgabe – gerade, weil wir wissen, dass der Wiederaufbau des Ahrtals ein Marathon und kein Sprint ist – es wird Jahre dauern, um den alten Glanz wiederherzustellen.“
Ahrtal als Modellregion
Deshalb will die CDU-Fraktion die Krise auch als Chance begreifen. „Das Ahrtal sollte in diesem Sinne zu einer Modellregion werden, in der innovatives Denken und Handeln vorgelebt wird“, erläutert Baldauf.
Die Vorschläge der CDU-Landtagsfraktion im Einzelnen:
- Die Landesregierung will eine Zukunftsschule errichten. Im Ahrtal sollte ein wissenschaftlich begleitetes Pilotprojekt dazu auferlegt werden.
- Es sollte ein Vollzeit-Koordinationsteam für die Modellregion gebildet werden. Notwendig ist ein finanziell unterlegtes „Helferprogramm“, mit dem ausreichend Personal eingestellt werden kann, dass Bürgermeister, Ortsvorsteher etc. unterstützt.
- Es fehlt die naturschutzfachliche Begleitung bei Erd- und Baggerarbeiten im Bereich der berühmten Ahrschleife. Hier muss die Landesregierung zum einen aufklären und zum anderen sicherstellen, dass bei aller Notwendigkeit des Einsatzes von schwerem Gerät möglichst behutsam vorgegangen wird.
- Die Versorgung durch die Ahrtalbahn ist auf absehbare Zeit nicht mehr möglich. Deshalb können hier Modellprojekte im Bereich ÖPNV / Mobility „on Demand“ aufgebaut werden: Busfahren nach Bedarf statt nach Fahrplan.
- Die Bundeshilfen sollten nicht nur für Menschen ausgezahlt werden, die ihr eigenen Haus aufbauen, sondern auch an Personen gezahlt werden, die das Haus oder Grundstück erwerben, um so Investitionen zu erleichtern.
- Regelungen und Berichtspflichten sollten nur noch eingeschränkt gelten. Beispielhaft könnte es einen fünfjährigen Bestandsschutz bei Betriebsübernahmen im Hotel- und Gaststättengewerbe geben oder Winzerbetriebe von Berichtspflichten befreit werden. Dies ermöglicht Frei- und Experimentierraum.
- Temporäre Entlastung von Mehrwertsteuer/Gewerbesteuer oder Einkommenssteuer, ggf. über das Ahrtal hinaus bei jeder Katastrophensituation.
- Beim Wiederaufbau müssen modernste Elemente der Planung mitgedacht werden. Ziel: die grüne, soziale, nachhaltige und zukunftsfähige Kommune
- Gezielte Unternehmensförderung durch Aufbaubegleiter sowohl für bestehende als auch neu anzusiedelnde Unternehmen
„Katastrophe mit Ansage“
Im Untersuchungsausschuss des Landtages am vergangenen Freitag machten die eingeladenen Wetterexperten, darunter Jörg Kachelmann und Sven Plöger, mehrheitlich deutlich, es sei absehbar gewesen, dass es zu Starkregen und Sturzfluten kommen werde. Erste Anzeichen für das Extremwetter habe es bereits am 11. Juli gegeben. CDU-Obmann Gordon Schnieder MdL kritisierte daher im SWR die Landesregierung erneut scharf: „Die heutige Sachverständigenanhörung zeigt, dass wir es mit einer Katastrophe mit Ansage zu tun haben. Spätestens ab dem 13. Juli muss, insbesondere dem Landesamt für Umwelt, bewusst gewesen sein, welche katastrophalen Regenmengen auf Rheinland-Pfalz sicher zukommen.“ Schnieder spricht von einer „fatalen Unterschätzung der Lage“. Im Untersuchungsausschuss muss nun aufgearbeitet werden, an welchen Stellen genau es Versäumnisse gegeben hat.
Der Meteorologe und Moderator Jörg Kachelmann sprach gar davon, niemand hätte sterben müssen.